Technik
Enercon E-115
Der Windpark Gengenbach umfasst insgesamt 4 Windenergieanlagen des Typs ENERCON E-115, mit einer Leistung von je 3,0 Megawatt (MW). Die E-115 ist prädestiniert für windschwache Standorte.
Technische Daten
4 Windenergieanlagen (WEA1-WEA4)
Typ: E-115
Nabenhöhe und Rotordurchmesser: 149 m/115 m
Leistung/Anlage: 3,0 MW
Durchschnittliche Stromproduktion: 28.400.000 kWh pro Jahr
Versorgte Haushalte: ca. 9000
Vermiedene CO2-Emissionen: ca. 14.800 t pro Jahr
Link zum Bautagebuch
Details zum Bau und der Funktionsweise einer Windenergieanlage
Rotorblatt
Die Rotorblätter der E-115 sind jeweils 56 Meter lang und wiegen 26 Tonnen. Die Blätter sind für einen besseren Transport geteilt in ein 50 Meter langes und ein 6 Meter langes Stück. Winglets an ihren Enden verringern den Luftwiderstand. Seit kurzem sind alle Rotorblätter mit „Trailing edge serrations“ versehen. Diese Hinterkantenkämme sorgen für eine Beruhigung der vom Rotorblatt abgehenden Luftströmung und verringern damit die Geräuschentwicklung. Weiterhin sind die Rotorblätter mit einer Blattheizung ausgestattet. In der kalten Jahreszeit sorgt diese dafür, dass sich auf den Rotorblättern kein Eis ansetzt. Die Blätter bestehen aus glasfaserverstärkten Kunststoffen und verfügen über einen integrierten Blitzschutz. Der Rotor dreht sich fünf bis maximal 12,4 Mal pro Minute im Uhrzeigersinn. Weht der Wind stärker als 28 Meter pro Sekunde wird die Anlage stufenweise gedrosselt und ab 34 Metern pro Sekunde Windgeschwindigkeit aus Sicherheitsgründen ganz abgeschaltet.
Rotor
Der Rotor läuft bei einer Windgeschwindigkeit von 2,5 m/s (schwaches Lüftchen, allerdings in 150 m Höhe) an und hat dann eine Umdrehungszahl von 4 U/min. Die Anlage produziert ab ungefähr 4 m/s eine Leistung von 300 kW. Bei 12 m/s (ca. 43 km/h in 150 m Höhe, kräftiger Wind) erreicht die Anlage ihre volle Leistungsfähigkeit von 3.000 kW und dreht sich dann mit 12,4 Umdrehungen pro Minute (Maximalwert). Bis 28 m/s (ca. 100 km/h, Sturm) läuft die Anlage unter Volllast. Wird der Wind stärker als 25 m/s (Sturmgefahr), drehen sich die Rotorblätter immer mehr aus dem Wind. Wird ein Wert von mehr als 34 m/s (122 km/h, Orkan) erreicht, schaltet die Anlage aus Sicherheitsgründen komplett ab. Die Flügel werden aus dem Wind gedreht. Ein theoretisch mögliches „Umfallen“ der Anlage ist ausgeschlossen. Die Anlage besitzt ein Eiserkennungssystem, mit dem schon der geringste Eisansatz erkannt wird. Bei Eisansatz wird der Rotor angehalten und eine im Rotorblatt eingebaute Heizung sorgt dafür, dass das Eis schmilzt und herunterfällt.
Mess- und Monitoringinstrumente
Im und am Maschinenhaus sitzen eine Reihe von Mess- und Monitoringinstrumenten. So wird nicht nur durchgehend die aktuelle Windgeschwindigkeit gemessen, sondern auch Windrichtung, Temperatur, Luftfeuchtigkeit. Unter anderem stellen Schattensensoren fest, ob die Anlage einen Schatten wirft. Es wird automatisch berechnet, ob an einem nahegelegenen Wohnhaus ein kritischer Schattenwurf durch die Anlage entsteht. Wird ein bestimmter Grenzwert überschritten, schaltet die Anlage ab. In der Anlage sind auch Einrichtungen zum Fledermaus-Monitoring angebracht, welche die Flugaktivitäten von Fledermäusen um die Anlage laufend feststellen. In kritischen Zeiten (Sommer, wenig Wind), müssen die Anlagen zum Schutz der Fledermäuse abgestellt werden.
Aufbau des Windrads
Für den Aufbau der Windenergieanlagen wird ein mobiler Raupenkran benötigt. Dieser wird in Einzelteilen auf die Baustelle transportiert. Der Kranausleger dieses Raupenkrans ist 160 Meter lang. Er kann maximal 65 Tonnen heben. Wenn das Fundament gegossen ist, wird zunächst der Betonteil des Turms, auf den dann die Stahlsektionen aufgesetzt werden, aufgebaut. Dann werden die Stahlsektion, die Betonsegmente und das Fundament mit Spannlitzen verspannt. Anschließend wird das Maschinenhaus mit dem Generator auf die Turmhöhe von 147 Metern gehoben und dort montiert. An die Nabe des Maschinenhauses werden die zusammengebauten Rotorflügel angeschraubt. Drei Teams mit jeweils etwa zehn Mann wickeln den Aufbau ab und benötigen für den oben geschilderten Prozess etwa 12 Wochen. Nach weiteren vier Wochen für den Netzanschluss und Test-Prozeduren kann die Anlage in Betrieb gehen.
Der Turm
Der 149 Meter hohe Turm besteht aus einem etwa 100 Meter hohen Beton- und einem daran anschließenden Stahlabschnitt. Der Betonteil besteht aus insgesamt 34 Betonringen, die als Betonfertigschalen aufeinander gesetzt und verschraubt werden.
Der Turm alleine wiegt ca. 2.190 Tonnen und ist für Windgeschwindigkeiten bis 43 m/s (155 km/h) zertifiziert. Im Inneren des Turmes gibt es eine Aufstiegshilfe bis zur Gondel sowie Wechselrichter und die Steuerungseinheiten am Fuß des Turms.
Höhenvergleich
Eine E-115 ist – bis zur Flügelspitze – mit 207 Meter etwa 10 Meter kleiner als der Stuttgarter Fernsehturm. Die Höhe ist in der Wirtschaftlichkeit der Windenergieanlagen begründet. Damit die Windenergieanlagen möglichst wirtschaftlich laufen, müssen sie einen möglichst konstanten und nicht verwirbelten Wind bekommen. Je höher die Anlagen sind, umso besser sind diese Windverhältnisse. Insgesamt ist die gesamte Windenergieanlage vom Fundament bis zur Flügelspitze etwa 2.560 Tonnen schwer. Allein der Turm wiegt ungefähr 2.190 Tonnen.
Aufwändige Transporte
Um ein Windrad vom Typ E-115 zu transportieren, sind bis zu 68 LKW-Transporte nötig. Dazu kommen maximal 70 Schwerlastfahrten für den großen Gittermastkran. Mehrere Monate lang werden die Transfers logistisch vorbereitet und minutiös geplant. Hindernisse in Ortschaften, Höhenbeschränkungen und Kurvenradien werden genau begutachtet, Autobahnparkplätze werden für solche Transporte gesperrt. Für 95 Prozent der Komponenten sind Ausnahmegenehmigungen erforderlich. Sämtliche großen Anlagenteile werden auf speziell eingerichtete Logistikflächen angeliefert und auf Sonderfahrzeuge, beispielsweise Selbstfahrer-Module und Semi-Fahrzeuge umgeladen, um den Ausbau der Zuwegungen in die Windparks und damit den Eingriff in den Wald so gering wie möglich zu halten. Die Zuwegungen müssen auf eine Breite von ca. 3,80 – 4 Meter ausgebaut werden und an Steigungen oberhalb von 10 Prozent aus Sicherheitsgründen (Gefahr des Rutschens der Schwertransporte auf Schotterwegen) asphaltiert werden. Dies betrifft im Windpark Rauhkasten/Steinfirst allerdings nur ca. 400 m Wegstrecke.
Natur- und Artenschutz
Im Vorfeld der Genehmigung muss der Investor zahlreiche Gutachten zum Eingriff in die Natur und die Beeinträchtigung von Vögeln und Tieren vorlegen. Wird eine Beeinträchtigung festgestellt, muss der Investor für Ausgleich sorgen. So müssen entweder Alternativflächen aufgewertet werden oder konkret Geld bezahlt werden. So werden in Gengenbach z.B. 7,6 ha bisher bewirtschaftete Waldfläche stillgelegt, eine wertvolle Trockenmauer renaturiert oder alleine für den Ausgleich des Landschaftsbildes 330.000 Euro an Ausgleichsmitteln bezahlt. Insgesamt muss das Windenergieprojekt über 600.000 Euro in Natur- und Artenschutzmaßnahmen investieren.
Kabeltrasse
Um den erzeugten Windstrom ins deutsche Stromnetz zu bringen, wird der Generatorstrom der Windenergieanlagen transformiert und über ein etwa 4,6 km langes Kabel über Bermersbach zur 110kV-Umspannstation am Ortseingang von Gengenbach geführt. Der Kabelgraben hat eine Breite von 40 cm und eine Tiefe von maximal 1 m. In diesem Graben liegen drei Stromkabel (Drehstrom) mit einem Querschnitt von mindestens 800 mm², ein Glasfaserkabel für die Datenanbindung sowie optionale Leerrohre. Beim Rückbau der Windenergieanlage nach 20 Jahren müssen auch sämtliche Kabel entfernt werden.
Fundament
Für das Fundament wird eine Baugrube mit einem Durchmesser von 26 Metern und einer Tiefe von 3 Metern ausgehoben. Überschüssiges Aushubmaterial wird an anderer Stelle im Windpark wiederverwendet, etwa zum Bau der Zuwegung oder zum Herstellen von Kranstellflächen. Im Fundament werden rund 90 Tonnen Stahl verbaut. 220 Betonfahrzeuge müssen innerhalb eines Tages anfahren, um ein Fundament zu gießen. Beim vorgeschriebenen Rückbau der Anlagen müssen auch die Fundamente wieder komplett aus dem Boden entfernt werden.
Nebenflächen
Knapp 30 Prozent der gerodeten Flächen werden als Nebenflächen für die Lagerung von Anlagenteilen in der Bauphase verwendet. Diese Flächen werden direkt nach Fertigstellung der Anlagen wieder renaturiert und aufgeforstet.
Gondel
Im etwa 300 Tonnen schweren Maschinenhaus befindet sich direkt hinter der Nabe (dort wo die Rotorflügel angebracht sind) der Ringgenerator, der die Drehbewegung in Elektrizität umwandelt. Enercon-Anlagen besitzen kein Getriebe, was Reparatur und Langlebigkeit verbessert. Ohne Getriebe gibt es im Maschinenhaus auch kein brennbares Getriebeöl. Sensoren messen ständig an verschiedenen Punkten die Temperatur im Generator, um eine Überhitzung zu verhindern. Stellgetriebe drehen die Rotorflügel, abhängig von der Windrichtung, in die optimale Richtung. Steht die Windenergieanlage oder wird absichtlich angehalten, gibt es Bremsen, die das Weiterdrehen des Rotors blockieren. Das Maschinenhaus, an dem die Rotorblätter befestigt sind, hat eine Länge von 15 Metern und einen Durchmesser von rund 6 Metern.
Flächenbedarf
Um eine Windenergieanlage des Typs E-115 aufstellen zu können, wird eine Fläche von ca. 6.500 m² gerodet, also ca. 90 % eines Fußballfelds. Die Gesamtfläche wird eingeebnet. Ca. 2.000 m² dieser Fläche werden direkt nach der Bauphase wieder renaturiert und aufgeforstet. Als Ausgleich für den Eingriff in die Natur müssen für den Windpark etwa 7,6 ha Wald stillgelegt werden.
Illustration: Christian Eisenberg